Nach der Wahl

Greg Ruth

 

   Unvorhersehbar war das Resultat nicht, wenn man sich die Dreistigkeit erlaubte, jetzt einsam gewordene Absichten und Versprechungen bereits im Vorab anzuzweifeln. Nun ist es also doch passiert, und in der vermeintlichen Schizophrenie der Ereignisse folgt neben der Klage die unumgängliche Beschönigung.

Unabschätzbare Folgekosten einer gedankenlosen Willkommenskultur, einer abenteuerlichen Finanz- und Energiepolitik mit ihren unentrinnbaren Bürgschaften und denen einer nicht vorhandenen, aber unumgänglichen Daseinsvorsorge für die Bürger, genügen allein schon, jeden Staatshaushalt auf unabsehbare Zeit zu verheizen. Die zum Experimentierfeld verkommene Bildungspolitik hat das Zeug, eine ganze Volkswirtschaft durch Überakademisierung in den Ruin zu treiben. Kontinuierliche Spreizung der sozialen Schere als Nachweis erfolgloser Sozialpolitik? Egal. Man vertraut nicht der eigenen Wahrnehmung, sondern folgt dem Kursbuch einer mit laufenden Vertragsbrüchen installierten Systematik mitsamt ihren eingebetteten Ausgrenzungspsychosen. Getreu deutscher Wesensart, wird man ihr dann auch noch huldigen, wenn man nicht mehr so recht an sie glaubt. Dort, wo man sich mit dem unerschütterlichen Vorsatz, Recht zu behalten, der Kritik verweigert, findet man Gründe eigenen Scheiterns in den „Umständen“ und ihren Verursachern, kenntlich am Schwefelgeruch der Aufmüpfigen. Mainstreamdenken mit einhergehender Meinungsverordnung wird zum Mahlstrom der Denkfaulen.

   Was wäre wohl aus all dem geworden, wenn man das, was man jahrelang verbreitet, auch zu Ende durchdacht hätte, anstatt zu meinen, es sei in mancher Hinsicht immer noch besser, nichts zu tun, als das vermaledeit Undenkbare?  Die Formulierung von Grenzen im Rahmen bindender Gesetze mittels Konsens, ist eine Vorbedingung zum gedeihlichen Miteinander in jeder Zivilgesellschaft.

 

   „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“  hieß es bei Goethe. Das inzwischen zum Staatsprinzip erhobene „Wachstum“ erschöpft sich sichtlich nur in der Vermehrung von Trugschlüssen. Da half auch nicht mehr die Alleinvertretungsanmaßung der demokratischen Idee durch „Etablierte“.

   „Mutti sorgt für Groß und Klein, drum schlafe ohne Sorgen ein“  heißt das neue Nachtgebet.

 

   Wieder einmal beweist sich, dass Vormärsche leichter zu bewerkstelligen sind als Rückzüge. Der Wähler, durch allzu realistische Lageberichte leicht zu verunsichern, muss sich dennoch fragen, ob man ihn veralbert, wenn man ihm die tägliche Propaganda per Gebühreneinzug noch in Rechnung stellt. Die Führung verspielte die Bodenhaftung, aber die Kolonne, die weder zu leben, noch im Heldentod zu fallen versteht, marschiert weiter mit ihrer preisgegebenen Idendität im Gepäck. Es wird dem Deutschen Michel nichts nützen, die Bommelmütze über den Kopf zu ziehen, denn die Dämonen werden zurückkehren und ihr Recht auf Wahrnehmung einfordern. Was ist nur geworden aus dem Land der „Dichter und Denker“? Über den Umweg durchs Land der Richter und Henker ins Land der Vernichter und Bänker?

 

   Das Ergebnis zeitigt sich mit einer unübersehbaren Verrohung des Sprachgebrauchs und der Umgangsformen, in einer kommunikativen Verelendung und dem Abdriften nachfolgender Jahrgänge in die gesell-schaftliche Vereinsamung. Alles für alle! Eine missverstandene Liberalität paradiert mit der Aufhebung aller Grenzen in die Libertinage. Und eine amtlich bestallte Parteisoldatin im Dienst der „Integration“ verkündet frivol, dass für sie eine deutsche Leitkultur allenfalls noch in unserer Sprache identifizierbar sei. Der Alptraum liegt darin, dass sie damit sogar Recht haben könnte! Nein, dies ist keine Satire! Dennoch: Es bleibet dabei:

 

DIE GEDANKEN SIND FREI!

 

 28. September 2017